Weggefährte des Friedens
03. Jun 2014
Mit Trauer aber auch voll Dankbarkeit für die lange Zeit seines segensreichen Wirkens hat pax christi die Nachricht vom Tode des früheren Geistlichen Beirats und langjährigen Mitglieds, Pater Paul Engelhardt OP, aufgenommen. Paulus Engelhardt war Präsidiumsmitglied und Geistlicher Beirat von pax christi in den Jahren 1971 bis 1987.
Der Dominikaner Paulus Engelhardt kam Mitte der 1950er Jahre zu pax christi und hat seit dieser Zeit maßgeblich an der Entwicklung und Ausgestaltung der Bewegung mitgewirkt. Sein Markenzeichen war mehr das Zuhören als das Reden. Umso überzeugender gelang seine Rede, weil sie durch sein persönliches Zeugnis an Kraft gewann. Der Sohn einer jüdischen Mutter, der die Verfolgungen durch den Nationalsozialismus unmittelbar erlebte, fand die Kraft zur Versöhnung mit einer Gesellschaft, der das Schicksal seiner Familie und eines ganzen Volkes weitestgehend gleichgültig geblieben war. Er stellt sich in den Dienst der Versöhnung, indem er in pax christi die Brücken zu Frankreich, Polen und Israel Palästina schlug. Der Priester und Ordensmann lebte in Wort und Tat Spiritualität und politische Praxis des Evangeliums. Inspiriert auch durch den Mitbegründer des Friedensbundes deutscher Katholiken und seines Mitbruders, Pater Franziskus Stratmann, verstand er pax christi als eine spirituelle und politische Bewegung. Sein Engagement galt der Überwindung von Gewalt und Krieg. Noch weit vor dem Wort der deutschen Bischöfe „Gerechter Friede“ setzte er sich kritisch mit der Lehre vom gerechten Krieg auseinander und trat engagiert für weltweite Abrüstung und alternative Konfliktstrategien ein.
Als die Zeit für eine politische Ausrichtung der Friedensarbeit von pax christi noch nicht reif war, gründete er mit anderen den Bensberger Kreis und mischte sich über die Memoranden zu Polen, zur Abrüstung und zur Auseinandersetzung mit dem Sozialismus in die politischen Debatten der alten Bundesrepublik ein. Einmischung war für ihn auch angesagt, als in Mitteleuropa neue Atomraketen stationiert wurden. Sein Protest erschöpfte sich nicht in Erklärungen und Diskussionen; als Mitglied der „Ordensleute für den Frieden“ demonstrierte er öffentlich gegen die Stationierung dieser Massenvernichtungswaffen und setzte so ein eindrucksvolles Zeugnis gegen die Spirale der Gewalt. Als pax christi angesichts der zunehmenden Gewalt zwischen Israel und Palästina hin und her gerissen war zwischen der historisch bedingten Parteinahme für Israel und einer revolutionären Sympathie für die palästinensische Befreiungsbewegung, wies er mit der Perspektive der „Doppelten Solidarität“ einen Weg zur kritischen Auseinandersetzung mit dem Nah-Ost-Konflikt, den die Bewegung später zu einem Weg des gerechten Friedens für beide Völker weiterentwickeln konnte.
Für Paulus Engelhardt war pax christi immer auch eine Lerngemeinschaft auf dem Weg des Friedens. Ihm, dem Theologen, ging es immer um ein Hier und Jetzt bezogenes, prophetisches, Urteil. Das Friedensengagement musste sich für ihn immer in der konkreten Situation erweisen. Der Pazifismus-Streit in pax christi angesichts des Balkankrieges war für ihn ein solcher Ort kritischer Urteilsbildung. Er warb seinerzeit um das wechselseitige Vertrauen der Kontrahenten, weil allen die friedenspolitische Verantwortung gemeinsam ist. Lernort bedeute für ihn neben Diskussion und dem Austausch von Argumenten auch das Einbringen persönlicher Erfahrungen.
Über alle Auseinandersetzungen hinweg ist Paulus Engelhardt immer Gesprächspartner für die Menschen in pax christi geblieben. So wurde er zum Seelsorger und Impulsgeber, zum wissenschaftlichen Berater und treuen Freund. Viele konnten diesem Weggefährten 2008 letztmalig öffentlich beim 60jährigen Jubiläum von pax christi begegnen und ihn als Zeitzeugen von einem über 50jährigen pax christi Engagement erzählen hören. Unüberhörbar war dabei sein Gottvertrauen, das Paulus Engelhardt sein Leben lang getragen hatte, und das seine Mitbrüder nun für seine Todesanzeige mit den Worten des Hebräerbriefs zum Ausdruck gebracht haben: „Glaube aber ist: Feststehen in dem, was man erhofft, Überzeugt sein von Dingen, die man nicht sieht.“ (Hebr 11,1)
Im gesegneten Alter von 93 Jahren ist Pater Paulus am 27. Mai 2014 in Düsseldorf, dem Ort seiner letzten Dominikaner-Kommunität, gestorben. Gerne erinnern wir uns an diesen Weggefährten des Friedens.
Das Requiem für Pater Paulus findet am Freitag 6. Juni 2014 um 11.30 Uhr in der Dominikanerkirche St. Andreas, die Beerdigung um 13.20 Uhr am gleichen Tag auf dem Südfriedhof statt.
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Hier werden Menschen vorgestellt, die sich intensiv für den Frieden in der Welt einsetzen.